Am 6. November 1766 fand in Biberbach ein ganz besonderes Ereignis statt: Ein Orgelwettstreit zweier Musikgenies: Es spielten: Der schon viel bejubelte zehnjährige Wolfgang Amadeus Mozart und der zwölfjährige, musikalisch hochtalentierte Sigmund Eugen Bachmann (1754 – 1825), Enkel des Biberbacher Organisten.
Ein Auszug aus der Wertinger Zeitung vom 16. Juni 1950:
Auf dem Rückweg von einer dreijährigen Kunstreise, die den Wunderknaben Wolfgang Amadé Mozart mit Vater und Schwester nach Frankreich, in die Niederlande und nach England geführt hatte, kam die Familie im Jahre 1766 auch nach Dillingen, wo der zehnjährige Wolfgang in der dortigen Residenz des Fürstbischofs seine Kunst zum Besten gab. Unter den Zuhörern befand sich auch der Fuggergraf Christoph Moritz Bernhard, der den kleinen Wolfgang sofort in seine Herrschaft Markt-Biberbach einlud, um in der seit der Reformationszeit weit bekannten Wallfahrtskirche zum Heiligen Kreuz ein Orgelspiel zu geben. Vater Leopold Mozart erteilte bereitwillig seine Zusage, denn der alte Postweg nach Augsburg führte unmittelbar an der in den Jahren 1684 – 1697 erbauten, schönen und großen Barockkirche vorbei, die namentlich dem Vater Mozart schon aus seiner Jugendzeit als Wallfahrtsziel in guter Erinnerung war.
Am 6. November 1766 fuhr der Postwagen mit der Familie Mozart an der Kirche vor, wo sie vom Kirchherrn und dem betagten Chorregenten, Organisten und Schulmeister Franz Josef Schmöger empfangen wurde, der den Kirchenchor an der Wallfahrtskirche schon seit langem leitete. In seiner Begleitung befand sich sein musikbegabter Enkel, der zwölfjährige Josef Sigmund Eugen Bachmann, dessen Berühmtheit als Orgelkünstler den Protektor und Förderer der Kirche, Reichsgraf Fugger, wohl dazu bewogen hatte, einen Wettstreit zwischen ihm und dem kleinen Mozart herbeizuführen.
Die erlesene Schar der Zuhörer konnte es kaum erwarten, bis der junge Mozart die Orgel bestiegen hatte und die ersten feierlichen Töne und die mächtigen Akkorde den weiten Raum des Gotteshauses erfüllten. Wolfgang Amadé Mozart, der sich das schwierige Rieseninstrument ohne Unterricht erobert und auf seiner Reise durch halb Europa auf den größten und bedeutendsten Orgeln gespielt hatte, zeigte auch hier seine unübertroffene Meisterschaft. In freier, fantasievoller Schöpfung reihte er Satz an Satz und Fuge an Fuge. Danach ließ der junge Bachmann seine Kunst hören. In meisterlich vollendetem Können brachte er zahlreiche Musikstücke zur Darbietung und beendete den musikalischen Wettstreit mit dem Vortrag einer gleichfalls von ihm geschaffenen f-moll-Fantasie.
Am Schluss reichten sich die beiden jugendlichen Künstler die Hände in gegenseitiger Hochachtung. Ein Zeitgenosse und Musikkenner schilderte den musikalischen Wettstreit mit den Worten: “Jeder tat sein Äußerstes, um dem anderen den Vorzug streitig zu machen und für beide fiel der angestellte Wettstreit sehr rühmlich aus”. So endete jener künstlerische Vergleich in der Biberbacher Kirche, der lange Zeit unbegründeter Weise nach Biberach an der Riß verlegt wude, bis es der Mozartforschung überzeugend gelungen war, den Beweis für den Ort der Veranstaltung in der Biberbacher Wallfahrtskirche zu erbringen. Leider ist die Orgel selbst, ein Werk des Augsburger Orgelbauers David Jakob Weidner, nicht mehr erhalten.
Joseph Sigmund Eugen Bachmann (1754 – 1825) konnte bereits mit neun Jahren mehr als 200 Musikstücke auswendig spielen und war als musikalisches Wunderkind der Stolz Schwabens. Er trat 1771 in den Prämonstratenserorden Obermarchthal ein, wo er als Organist und Komponist lange Zeit tätig war.
Obwohl Leopold Mozart ein eifriger Briefeschreiber war und sich gerne über Begebenheiten ausgelassen hat, die ihm und seinem Sohn Geld und Ehre einbrachten, erwähnt er den Aufenthalt in Biberbach mit keinem Wort. Spekulationen gibt es viele. Man stelle sich nur einmal vor: Über drei Jahre ziehen die Mozarts in einem Triumphzug durch Europa, werden an Fürsten- und Königshäusern hofiert und gefeiert. Und auf dem Rückweg – kurz vor dem heimatlichen Salzburg – begegnet ihnen in dem kleinen Dorf Biberbach ein gleichwertiges Wunderkind. Das muss man erst einmal verdauen …
Die Mozarttradition wird in Biberbach sehr gepflegt, nicht zuletzt vom Chor der Wallfahrtskirche, der mit vielen Konzerten die Kultur in der Marktgemeinde bereichert. So auch im Jahr 2006, als der 250. Geburtstag von Wolfgang Amadé Mozart mit einem fulminanten Konzert gefeiert wurde. Dabei entstand auch das nachstehende Gruppenfoto des Chores.